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Kollektivverträge in Österreich: Was Arbeitgeber wissen sollten

Kollektivverträge sind wichtige Vereinbarungen, die zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen abschlossen werden.

In Österreich gibt es rund 500 verschiedene Kollektivverträge, die jährlich zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen abgeschlossen werden. Diese Vereinbarungen regeln wichtige Aspekte des Arbeitsverhältnisses und sind für viele Unternehmen von großer Bedeutung. Im Folgenden wird erläutert, was Kollektivverträge sind, wer sie verhandelt, für wen sie gelten und warum ihre korrekte Anwendung entscheidend ist.

Was ist ein Kollektivvertrag?

Ein Kollektivvertrag ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen, die die gegenseitigen Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis regelt. Dazu gehören unter anderem:

  • Mindestgehälter
    • Arbeitszeiten
    • Lehrlingseinkommen
    • Sonderzahlungen und Jubiläumsgelder
    • Entgeltfortzahlungen bei Dienstverhinderung
    • Kündigungs- und Verfallsfristen

Diese Regelungen schaffen einen verbindlichen Rahmen für die Beschäftigung in einer bestimmten Branche.

Wer verhandelt Kollektivverträge?

Auf Arbeitgeberseite sind die gesetzlichen Interessensvertretungen zuständig, beispielsweise die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Für Freiberufler übernehmen die jeweiligen Kammern diese Aufgabe, etwa die Ärztekammer, Rechtsanwaltskammer oder Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer.

Auf Arbeitnehmerseite sind die Arbeiterkammer als gesetzliche Interessensvertretung sowie die Gewerkschaften mit ihren Teilgewerkschaften als freiwillige Interessensvertretungen an den Verhandlungen beteiligt.

Für wen gelten Kollektivverträge?

Kollektivverträge gelten grundsätzlich für bestimmte Wirtschaftszweige oder Branchen. Die Rechtsform des Unternehmens – ob Einzelunternehmen, GmbH, OG oder FlexCo – spielt dabei keine Rolle. Entscheidend ist die Branche, in der das Unternehmen tätig ist.

Beispiele:

  • Steuerberater unterliegen dem Kollektivvertrag für Angestellte bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern.
  • Ein Schuhgeschäft fällt unter den Kollektivvertrag Handel.
  • Ein Gastronomiebetrieb ist im Kollektivvertrag für Gastronomie und Hotellerie geregelt.

Mehrere Kollektivverträge im Unternehmen: Wie wird entschieden?

Wenn für ein Unternehmen mehrere Kollektivverträge in Frage kommen, wird unterschieden:

  • Mehrere organisatorisch und fachlich getrennte Abteilungen:

   Die Anwendung richtet sich nach dem zeitlichen Überwiegen der Beschäftigung. Ist dies nicht möglich, gilt der Kollektivvertrag, der österreichweit die meisten Arbeitnehmer umfasst.

  • Keine organisatorische oder fachliche Trennung:

   Es gilt ein einheitlicher Kollektivvertrag für alle Abteilungen. Dieser wird anhand der wirtschaftlichen Bedeutung der jeweiligen Sparte bestimmt – beispielsweise der Bereich mit dem höchsten Umsatz oder Gewinn. Falls dies nicht eindeutig ist, gilt wiederum der Kollektivvertrag mit der höchsten Anzahl an österreichweit beschäftigten Arbeitnehmern.

Warum ist die richtige Anwendung des Kollektivvertrags wichtig?

Der Kollektivvertrag legt die Pflichten des Arbeitgebers fest, insbesondere hinsichtlich der Entlohnung. Die Mitarbeiter müssen im richtigen Gehaltsschema eingestuft werden, das sich nach der auszuführenden Tätigkeit und den anrechenbaren Vordienstzeiten richtet. Eine falsche Einstufung kann zu erheblichen Konsequenzen führen, etwa zu Lohn- und Sozialdumping, was mit hohen Strafen verbunden ist.

Darüber hinaus regeln Kollektivverträge auch weitere wichtige Punkte wie:

  • Vorrückungen und damit verbundene Gehaltserhöhungen
  • Zusätzliche Urlaubsansprüche (z. B. eine sechste Urlaubswoche in manchen Branchen)

Außenwirkung der Kollektivverträge

Kollektivverträge gelten nicht nur für Mitglieder der jeweiligen Interessensvertretungen, sondern haben eine sogenannte Außenwirkung. Das bedeutet, dass auch Unternehmen und Mitarbeiter, die keiner Gewerkschaft angehören, an die Kollektivvertragsbestimmungen gebunden sind.

Fazit und Empfehlungen für Arbeitgeber

Es ist ratsam, den für das eigene Unternehmen geltenden Kollektivvertrag sorgfältig zu prüfen und die darin enthaltenen Regelungen genau zu kennen. Besonders wichtig ist die korrekte Einstufung der Mitarbeiter im Gehaltsschema. Bei Unsicherheiten sollte eine Beratung durch einen Steuerberater oder Experten erfolgen.

Eine bewusste Überzahlung über den kollektivvertraglichen Mindestlohn hinaus kann zudem als Sicherheitsreserve dienen und das Risiko von Lohn- und Sozialdumping verringern.

Hinweis: Die Beachtung der Kollektivverträge ist ein zentraler Bestandteil der Arbeitgeberpflichten in Österreich und trägt wesentlich zu einem fairen und rechtssicheren Arbeitsverhältnis bei.